Energie. Ein zentraler Angelpunkt für Klimapolitik.

Konkrete Widersprüche im Themenkomplex Wachstum Umwelt Entwicklung der Entwicklungstagung wurden am Samstagvormittag, den 15. November 2008, anhand der Bereiche Energie und Landwirtschaft aufgezeigt.

Als Einstieg wurde der Film Momentaufnahme von Michael Stoeger gezeigt. Er veranschaulichte den Umgang mit den Ressourcen der Erde in verschiedenen Regionen und bot einen eindrucksvollen Bogen zum Thema der Tagung. Das Publikum folgte gebannt den Worten von Vandana Shiva, die mit Sätzen wie Es gibt genug Ressourcen für alle, aber nicht für die Gier von wenigen den allgemeinen Konsens im Saal widerspiegelte. Nach dem Film war die Stimmung im Saal gespannt und der Moderator des Plenums Markus Piringer (ÖKOBÜRO) kündigte den ersten Vortrag des Vormittags an: Christoph Bals von Germanwatch sprach über den Kernbereich Energie. Darauf folgten zwei Kommentare von Johanna Mang (ADA) und Wolfgang Mehl (Klimabündnis Österreich).

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Markus Piringer, Christoph Bals, Johanna Mang und Wolfgang Mehl.

Der Mensch als Energiesklave

Christoph Bals betrachtete in seinem Vortrag den Widerspruch von Energie als Treibstoff für Entwicklung. Lux-ury nannte er den Luxus, Licht (lat.: lux) als Energiequelle zu besitzen. Er zeigte eine Karte, auf der jene Länder zu sehen waren, die heute am meisten Energie verbrauchen: ausschließlich die so genannten Industrieländer. Doch wie wird die Karte in sechzig Jahren aussehen? Wird es einen Paradigmenwechsel geben oder wird die Formel Wachstum = Entwicklung weiterhin gelten? Der so genannte Massenwohlstand (je mehr produziert wird, desto billiger ist es), als Folge der Industrialisierung, habe das bis dato in der Wirtschaft geltende Prinzip des abnehmenden Grenznutzens auf den Kopf gestellt. Der seither geltende Satz laute: Wachstum speist Wachstum. Es gebe aber auch eine soziale Komponente. Dabei bezog er sich konkret auf China, das ohne Wachstum vielleicht sozial ex- bzw. implodieren würde. Die Sklaven von heute seien Energiesklaven.

Das Klima-Großexperiment mit der Menschheit, wie Bals die internationalen, klimapolitschen Zustände nannte, führe aber dazu, dass die Emissionen schneller steigen als erwartet. Daher appellierte er an die TeilnehmerInnen, zwei Prioritäten einzuhalten: 1. die Vermeidung des Unbewältigbaren (hier bezog er sich auf den befürchteten Temperaturanstieg von 2°C in naher Zukunft) und 2. das Unvermeidbare bewältigen; konkret meinte er damit Anpassungsstrategien an die Klimaveränderung, sowie die Vermeidung von weiterem Temperaturanstieg.

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Entscheidend für positive oder negative Veränderungen in der Zukunft sei laut Bals, wie sich die EU, USA und China zum Thema Klimaschutz positionieren werden. Ausschlaggebend sei ebenso die Frage, ob die Finanzkrise als Ausrede gegen oder als Begründung für eine gemeinsame Klimapolitik verwendet werde.

Spannend sei auch, was das UN-Klimaabkommen 2009 in Kopenhagen bewirken werde. Auf jeden Fall müsse die Politik endlich den Mut zeigen, etwas zu ändern, auch wenn dies zwangsweise Einschnitte für die Bevölkerung bedeute. Die PolitikerInnen trauen sich nicht, einen klaren Kurs in der Umweltpolitik einzuschlagen, weil sie Angst vor einer Niederlage bei den nächsten Wahlen hätten.

Mit seinem Plädoyer, es sei niemals zu spät etwas zu ändern, traf er den Nerv vieler TeilnehmerInnen, wie man in der späteren Diskussion merkte.

Technologie und die Millenium Development Goals ein Widerspruch?

Johanna Mang von der ADA stellte in ihrem Kommentar Wachstum nicht in Frage, sondern meinte, dass es wichtiger sei, wie Wachstum entstehe. Die Millenium Development Goals könnten nur dann erreicht werden, wenn die nötigen Mittel bereitgestellt und angewendet werden würden   also kein Widerspruch sondern eine Suche nach dem richtigen Weg.

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Diese Situation stelle die Entwicklungsländer, die den Industrieländern im Bereich der Energieversorgung unterlegen sind, aber vor viele Probleme und Herausforderungen. In den Ländern des Südens, die besonders von Energiekrisen betroffen seien, herrsche eine allgemeine Energiearmut. Südafrika zum Beispiel versorge umliegende Länder mit Energie, welche voraussichtlich während der nächsten Fußballweltmeisterschaft in Südafrika erheblich unter Energieengpässen leiden werden, weil die Energie im Land selbst gebraucht werde. Weiters hätten Länder des Südens meist zu wenig oder veraltetes Know How und unzureichende finanzielle Mittel, um selbst neue Technologien zur Energiegewinnung zu entwickeln. Deshalb sei es das Ziel der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, moderne Energiedienstleistungen zur Verfügung zu stellen, um für jede Region die geeignete Lösung zu finden, z.B. Energiepartnerschaften.

Dringlichkeit aus österreichischer Sicht

Der zweite Kommentar von Wolfgang Mehl beleuchtete die Situation in Österreich. Viele PolitikerInnen geben die Verantwortung ab und suchen nach einem/r Schuldigen. Dieses Verhalten sei für die österreichische Politik symptomatisch, und er pflichtete Christoph Bals bei seiner Kritik an der Politik bei. Unsere Zivilisation basiere auf Kohle, Öl und Gas. Die Menschheit müsse zwar eine gemeinsame Verantwortung für die Erde übernehmen, der Norden habe aber die Pflicht voranzugehen. Passiere das nicht und erfände der Norden immer mehr Tricks, um das Kyoto Protokoll nicht einhalten zu müssen, wie es gegenwärtig der Fall sei, verliere der Norden seine Glaubwürdigkeit. Es gebe zwar viele engagierte Menschen, aber die Wende sei leider noch nicht gelungen. Für eine langfristige Lösung seien internationale Organisationen gefragt.

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Die abschließenden Fragen und Meldungen aus dem Publikum waren sehr konkret: Es gehe ums Jetzt oder Nie, um eine internationale Lösung, um den vermeidbaren Krieg um Energien und um Bewusstseinsänderung und einen Paradigmenwechsel in der Politik, damit die Tagung nicht nur ein Lippenbekenntnis bleibe.

Ulrike Lunacek von den Grünen

Zur Powerpoint Präsentation  (954.80 KB) 

von Christoph Bals. 

Nadine Mittempergher studiert Internationale Entwicklung und ist ehemalige Praktikantin des Paulo Freire Zentrums.

Veröffentlicht in Entwicklungspolitik.