Cape town (c) Jaded One. Flickr. All creative commons.

Südafrika zahlt während Corona-Krise Grundeinkommen.

Südafrika ist eines der afrikanischen Länder, das bis jetzt am schlimmsten vom Corona-Virus getroffen wurde. Das Land kämpft zudem mit Rassismus und Wasserknappheit. Können Maßnahmen der südafrikanischen Regierung soziale und wirtschaftliche Folgen eindämmen?

Der Sozialhistoriker Walter Sauer führte durch das vom AAI (Afro-Asiatische Institut Salzburg) organisierte Webinar und moderierte die Diskussion am 7. Mai 2020. Die Anthropologin Nina Herzog von SADOCC (dt. Dokumentations- und Kooperationszentrum Südliches Afrika), der Geschäftsführer des AAI, Martin Sturmer, und der österreichische Handelsdelegierte der WKO (Wirtschaftskammer Österreich) in Südafrika, Johannes Brunner, nahmen ebenfalls am Gespräch teil.

Lage Südafrikas verbessert sich langsam.

Am Beginn des Webinars gab Martin Sturmer vom AAI mit Hilfe der Website www.afrika.info eine kurze Übersicht über die Situation in Südafrika während der Corona-Krise. Ende März hat die südafrikanische Regierung die Wirtschaft und das öffentliche Leben in Südafrika heruntergefahren, um die weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern. Nach und nach dürfen Beschäftigte einzelner Sektoren nun wieder arbeiten. Durch die unvollständige Berichterstattung deutschsprachiger Medien sei eine Recherche über die Situation in Südafrika während der Corona-Krise sehr schwierig, betonte Nina Herzog. Sie hat auf der Website von SADOCC eine Timeline erstellt: Diese gibt einen Überblick über die Maßnahmen der südafrikanischen Regierung. Herzog zeigte außerdem ein Interview, in dem die südafrikanische Aktivistin Carol Dyantyi, die sich mit ihrer Organisation um Kinder im Viertel kümmert, von der schwierigen Versorgungslage vor Ort erzählt. „Jetzt sind unsere Lager aber buchstäblich leer. Wir haben nichts,“ berichtete Dynatyi. Sie fuhr fort, „jetzt müssen wir aber trotzdem betteln gehen, und Anträge stellen, dann können wir die Kinder wieder anrufen und ihnen Essen geben.“

Österreichische Unternehmen vor Ort tragen Verantwortung.

Laut Johannes Brunner von der WKO haben afrikanische Länder trotz der drohenden Rezession wirtschaftlich immer noch viel zu bieten. „Jede wirtschaftliche Aktivität schafft Einkommen“, bekräftigte er. Deshalb seien Investitionen in Projekte vor Ort eine „effiziente und direkte Hilfe“ in der derzeitigen Krise. Österreichische Unternehmen mit Sitz in Südafrika, würden ihre „corporate responsibility“ (dt. soziale Verantwortung von Unternehmen) ernstnehmen. Brunner bekräftigte, dass er von keinen Kündigungen südafrikanischer Mitarbeiter*innen in österreichischen Unternehmen gehört hatte. Ein paar österreichische Projekte versuchen in der Krise zu helfen. Das Projekt Cooktastic in Kapstadt startete beispielsweise kurz vor der Corona-Krise und hat zum Ziel Jugendlichen eine Berufsausbildung für Jobs in der Gastronomie zu ermöglichen. In der derzeitigen Situation habe das Projekt eine Bäckerei eröffnet, die kostenlos Essen verteile.

Menschen ohne Gehalt bekommen Grundeinkommen.

In Südafrika verdienen viele Menschen ihr Geld in nicht formell geregelten Arbeitsverhältnissen, betonten Herzog und Brunner. Diese haben durch den Lockdown von einem auf den anderen Tag kein Geld zum Überleben, da sie auch vor der Krise von Tageslohn zu Tageslohn leben mussten. Der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa versprach deswegen allen in Südafrika lebenden Menschen ohne Gehalt ein Grundeinkommen. Das soll die sozialen Folgen der Corona-Krise abdämpfen. Herzog wertete diese Maßnahme als sehr positiv, da die Auszahlung eines Grundeinkommens den Betroffenen, im Gegensatz zu Essenspaketen, Entscheidungsfreiheit gebe. Auch kurbelt ein Grundeinkommen die lokale Wirtschaft an. Allerdings ist die Umsetzung dieser Maßnahme schwierig und das Geld wurde vielmals noch nicht ausgezahlt, merkte Brunner an.

Rassismus und Wasserknappheit allgegenwärtig.

Die Zuseher*innen fragten, ob sich der in der südafrikanischen Gesellschaft tief verwurzelte Rassismus in der Corona-Krise äußere und wie mit Problemen, die schon vor der Krise da waren, nun umgegangen werde. Es gäbe ja eine große Wasserknappheit im Land, von der vor allem Menschen in den Townships, also Stadtteile die noch auf der vom Apartheid-Regime erzwungen Segregation von weißen und schwarzen Menschen beruhen, betroffen seien. Brunner antwortete, es komme immer noch zu rassistischen Vorfällen. Seiner Einschätzung nach ist der Zusammenhalt im Land während der Krise aber gewachsen. Viele Südafrikaner*innen organisieren etwa die Verteilung von Lebensmittelpaketen in lokalen Initiativen. Die Wasserknappheit führe auch jetzt zu großen Problemen, da es in vielen Townships unmöglich sei, sich regelmäßig die Hände zu waschen. Sowohl bezüglich der Corona-Krise als auch der Wasserknappheit sieht Herzog eine Chance für zivilgesellschaftliche Beteiligung und das Erstarken von Graswurzel-Bewegungen.

Ungleichheiten bleiben.

Die Initiative der südafrikanischen Regierung, ein Grundeinkommen auszuzahlen, wurde von allen als beispielslos und höchst positiv gewertet. Am Ende waren sich alle Teilnehmenden des Webinars einig, dass die Hilfsbereitschaft in Südafrika während der Corona-Krise herausragend ist. Trotzdem gibt es in Südafrika große soziale Ungleichheiten, die immer noch auf dem segregierenden Rassismus des Apartheid-Regimes beruhen und auch während der Corona-Krise weiterbestehen.

Die Autorin ist Praktikantin im Paulo Freire Zentrum. Reaktionen bitte an redaktion@pfz.at.

Weiterführende Links:

Dokumentations- und Kooperationszentrum Südliches Afrika (Timeline)

Afro-Asiatische Institut Salzburg

Website des Projekts Cooktastic

Foto: Cape town © Jaded One. Flickr. All creative commons.

Veröffentlicht in Globale Ungleichheiten, Themen, Entwicklungstagung 2020.