Food matters. Worldwide!

Unter diesem Motto fanden sich am 6. Oktober 2016 SlammerInnen zum Library-Slam im C3 ein, der bereits zum dritten Mal im Rahmen von „Bildung im C3ntrum“ stattfand. Ihr Anliegen: für Problematiken der globalen Lebensmittelproduktion zu sensibilisieren und Ohren und Herzen für alternative „Lebens-Mittel“ zu öffnen. Die Veranstaltungsreihe „Bildung im C3ntrum“ ist eine Kooperation der C3-PartnerInnen ÖFSE, Frauen*solidarität, Baobab, Mattersburger Kreis und Paulo Freire Zentrum. Das gemeinsame Anliegen ist es, neue Perspektiven auf komplexe Zusammenhänge anzuregen und das Verstehen der dahinterliegenden Strukturen zu fördern. Der „Food matters. Worldwide!“ Library-Slam fand außerdem im Rahmen von „Österreich liest. Treffpunkt Bibliothek“ statt – eine Aktion des Büchereiverbands Österreichs, unter dem Motto „grenzenlos lesen“.

Nach der Eröffnung von Alexander Lippmann (ÖFSE), übernahm Rapperin und Slam-Poetin Yasmin Hafedh – auch bekannt als Yasmo – das Mikrofon und führte als Moderatorin schwungvoll durch den Abend.

In 3 Runden traten sowohl PoetInnen, die miteinander im Wettbewerb standen, als auch TeilnehmerInnen, die zuvor in einem Spoken-Word-Workshop mit Yasmo ihre Texte vorbereiten konnten, auf und begeisterten 120 Gäste mit ihrer Wortmacht.

Einen Tag alles richtig machen.

Slam_161006_047.jpgDen ersten Wettbewerbsbeitrag lieferte Markus Köhle unter dem Titel „Food matters oder gut, besser, whatelse“. „Einen Tag alles richtig machen, das wär doch was“ – mit diesem Wunsch eröffnete Markus Köhle den Abend und fragte damit nach den Möglichkeiten eines richtigen, also guten Lebens? Eine Frage, die auch die darauffolgenden Poetinnen sehr beschäftigte.

Einen Tag alles richtig machen, das könne doch nicht so schwer sein, sprach er nachdenklich ins Publikum und reflektierte damit die Schwierigkeit unser Konsumverhalten und unsere Lebensweisen so zu gestalten, dass man niemandem damit schadet. „Könnt ich nicht in den Stunden, in denen ich nicht schlafe, viel mehr Gutes tun? Oder sollten wir alle mehr schlafen, um Schlechtes zu vermeiden?“ sinnierte er weiter und machte damit deutlich, dass es nicht immer einfach ist, seine Vorstellungen von einem guten Leben zwischen hohen Nachhaltigkeitsansprüchen und unhinterfragtem Alltagshandeln zu verankern.

Auch Lebensmittel müssen sterben.

Slam_161006_062.jpgUm den Anspruch, alles richtig zu machen, ging es auch in Janea Hansens erstem Beitrag des Abends.

Seit zwei Monaten beobachte sie nun schon die Tomaten in ihrem Kühlschrank – zwei Monate in denen sie darauf warte, dass diese endlich Schimmel ansetzen, damit man sie ihrem Alter entsprechend entsorgen dürfe. „Lebensmittel die nicht anzeigen, dass sie schlecht sind, sind nicht nur mühsam, sondern auch gemein“, ironisierte Janea und verwies dabei auf die Herausforderung, neben einer Vielzahl von Verantwortlichkeiten im Alltag zusätzlich den richtigen Umgang mit Lebensmitteln zu finden – verwirrt durch entartetes Gemüse (das nicht mehr schimmelt) und vermeintliche Haltbarkeitskriterien im Kontext der Marktlogik.

Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schmackhaft.

Slam_161006_080_cut_1.jpg„Ich bin kein bescheidener Mensch“ begann im Anschluss Mieze Medusa ihren Auftritt. Sie eröffnete damit eine weitere Reflexion über Norm- und Wertvorstellungen und die eigenen Möglichkeiten eines guten Lebens – für sich selbst und für alle. Was solle sie machen, wenn sie doch eigentlich präzise genau wüsste, was sie machen solle, um sich im Sinne des guten Lebens zu ernähren aber „der Geist zwar willig, doch das Fleisch schmackhaft“ sei…

Sie thematisierte damit das schwierige Verhältnis zwischen Ernährungs-gewohnheiten und dem Wissen über die Produktionszusammenhänge, die dahinter liegen.  Zwischen den Zeilen wurde auch die Verantwortlichkeit der westlichen Welt gegenüber Ländern des globalen Südens, auf deren Boden ein großer Teil unserer Lebensgrundlagen wächst, angesprochen.

„Ernährungssouveränität, Paleo-Diät oder doch ein Leben als Asket“?

Slam_161006_091.jpgAls erste Workshop-Teilnehmerin stand daraufhin Lisa auf der Bühne des C3. „Ernährungssouveränität, Paleo-Diät oder doch ein Leben als Asket?“ fragte sie ins Centrum für Internationale Entwicklung und schloss damit an das Thema der Suche nach einer Ernährungsweise, die sowohl für KonsumentInnen als auch ProduzentInnen ein gutes Leben ermöglicht, an.

Mit ihrem Text führte sie das Publikum durch das Dickicht aus Ernährungs- und Lifestyle-Trends, das diese Suche oftmals begleitet, und betonte die Schwierigkeit, dieses Dickicht zu durchdringen. Besonders warnte sie vor der Vorstellung, dass es einen für alle passenden Lösungsweg gäbe.

Ich habe Hunger, du hast Hunger.

Slam_161006_101.jpgEine weitere Perspektive, die unsere Lebenswelt mit jener von Menschen des globalen Südens in Verbindung setzt, eröffnete Meriem, die zweite Workshop-Teilnehmerin mit ihrem Sprechtext. „Ich habe Hunger, du hast Hunger“, begann sie ihren Text, „bei mir gibt’s den Eiskasten, bei dir geht’s von der Hand in den Mund“, führte sie fort und versetzte das Publikum des C3 in bedächtige Stille.

In überspitzter und damit eindrücklicher Wortwahl zeichnete sie den Kontrast zweier Lebenswelten, in denen die einen Nahrungsmittel wegwerfen und die anderen kaum von den ihnen zur Verfügung stehenden Lebensmitteln leben können. Selten war die Stimmung an diesem Abend so nachdenklich.

Bin ich was ich esse?

Slam_161006_112.jpgSind wir was wir essen? – fragte schließlich Steffi, die dritte Workshop-Teilnehmerin des Abends sich und das Publikum und griff damit den zentralen Spannungsbogen des Abends wieder auf: das Verhältnis zwischen dem Umgang mit unseren Lebensgrundlagen und dem was das Mensch-Sein letztlich ausmacht. Noch einmal wurde Mensch-Sein mit Fruktarier- oder Flexitarier-Sein in Verbindung gebracht, noch einmal stand die Frage im Raum wie man in seiner eigenen Lebenswelt etwas auf globaler Ebene bewegen kann – auch durch so etwas Alltägliches und Persönliches wie das Essen.

Die Autorin ist Praktikantin im Paulo Freire Zentrum. Reaktionen bitte an redaktion@pfz.at

 


 

Links:

– Österreich liest: http://www.oesterreichliest.at/

– Yasmin Hafedh: https://yasmo.bandcamp.com/

– Mieze Medusa: http://www.miezemedusa.com/

– Markus Köhle: http://www.autohr.at/

 


Fotos: Michael Straub © Paulo Freire Zentrum.

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